Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen, heißt ein weiser Spruch – und wir beginnen jeden Morgen neu mit dem Klang unserer Stimme. So sagte es lächelnd die 90ig jährige Gertrude Schümann *1899 1989 zu mir, der 25-jährigen. Ich war genervt und dachte: Ich lerne es nie wie meine Stimme funktioniert.
Wie oft wollte ich als Atem-Sprech- und Stimmlehrerin das Handtuch werfen und als wie wertlos sah ich jede neue Idee für einen Anfang für das Thema an. Es ging immer weiter, ob ich nun wollte oder nicht. Es arbeitet in jedem von uns – das ist bekannt.
Die eigene Stimme und die von anderen Menschen singt vor sich hin. Mit ihren Gewohnheiten und in ihrer unerhörten Schönheit.
Jede Stimme hat die Möglichkeit die Bandbreite von 88 Tönen eines Klavieres als Umfang zu erleben.
Stattdessen sind wir reduziert. Eine natürliche Stimme soll es nicht mehr geben, schrieb die Zeitschrift „der Spiegel“ und hieß es in einer interdisziplinären Fachfortbildung für Stimme und Sprache Anfang der 2000er Jahre in Stuttgart.
Was tun – sprach Zeus, wenn die Stimme stimmen soll?
Was tun, wenn einem die Galle überläuft und die Laus ihre Spaziergänge über die Leber zum Marathon auswachsen lässt und der Kragen nicht platzen darf?
Immer der Nase nach: Caruso hatte auch Stimmlippenknötchen.
Ach, die Nase ist auch verstopft? So ab und zu? Die Ohren hören u und singen o? Es gibt so vieles zu erfahren über die Stimme – und: Auszuprobieren. Zu Besprechen.
Die Nase hat eine besondere Gabe: Sie reagiert auf Scham. „Du stinkst nach Bauernhof“ hieß es in den 60-70iger Jahren zum Bauernjungen gesagt. Und schon waren Bauern verpönt. Schulbildung galt. Der Bürojob war die höchste Form, die es zu erlangen gilt. Sich nicht mehr die Hände schmutzig machen. Das haben wir heute. „Arbeiten schon, aber Hände und Füße dürfen sich nicht bewegen“ ist der Spruch, den die 85igjährige Kundin von ihrem Vater erinnert, der damit kritisierte.
Nicht mehr die über Jahrhunderte tradierte und die im Laufe eines Lebens selbst erfahrene Erfahrungen sind der Wert, dem es nachzueifern gilt. Ewald Frie beschreibt es in seinem Buch „Ein Hof und elf Kinder- der stille Abschied vom bäuerlichen Leben“.
Genauso ist es mit dem Umgang mit der Stimme geschehen. Ein stiller Abschied von der lauten Stimme. Schrien die ausländischen Frauen in hamburger Ortsämter noch in den 90igern, wurden diese bevorzugt behandelt. Wo hört man noch Stimmen? Kinderlachen? Wie klingen denn diese Stimmen und worauf reagiere ich? Gehörlose tönen noch laut und schreien ihre Laute mit denen sie sich wirklich verstehen. Es wurde still allerorten. Drohende Gewalt, Kriminalität – es gibt noch viel zu tun.
Gibt es eine freie Stimme?
Wer hat welches Stimmideal? Und gibt es die wahre Stimme? Kollektiv verstanden?
Und was tun, wenn ich beim Krächzendoktor keine zufriedenstellende Antwort bekomme?
Hier kommen Anekdoten aus 40 Jahren, wissenschaftliche Erkenntnisse versus erfahrungswissenschaftliche Hintergründe aufgrund von biologischer Sichtweise – es darf geblickwinkelt werden. Und versprochen: Es wird heiter. Denn: Wer zuletzt lacht, sagt die kleine Hexe in und von Ottfried Preußler, lacht am besten.
Nur Mut: „Sei nicht schüchtern – frag dich frei“.